Geschichte der Lein- bzw. Treidelpfade
Leinpfade gibt es schon sehr lange. Am Rhein wurde bereits nachweislich ab dem 8. Jahrhundert getreidelt. Bevor Lastschiffe motorisiert waren, mussten diese stromaufwärts gezogen werden. Meist geschah dies mit Pferden, Ochsen oder Eseln. Teilweise versahen aber auch Menschen diese anstrengende und nicht ungefährliche Arbeit.

Um treideln zu können, wurden starke Taue am Schiff befestigt und mit den Lasttieren (selten auch mit Treidelloks) oder den Treidlern am Ufer verbunden. Das Betreten der Leinpfade war bis in die 1980er Jahre nur den Treidlern erlaubt. Durch die Motorisierung des Schiffverkehrs verloren die Pfade entlang des Ufers ihre eigentliche Bedeutung und heute sind viele Wege zu Rad-, Wander-, Uferpanorama- oder Wasserwirtschaftswegen geworden.
Unser Begriff trödeln stammt vom treideln ab. (Man kam nur langsam voran, z.B. weil die Strömung zu stark war oder nicht genug Treidler zur Verfügung standen)
Andere Bezeichnungen für Leinpfade sind Treidelpfade, Treppelwege (Österreich), Bormätscherpfade (Sachsen) oder Reckwege (Schweiz)¹.
Das folgende Bild zeigt eine (ausgemusterte) Treidellok am Schiffhebewerk in Niederfinnow/Brandenburg.

Leinpfad im Regionalpark Rhein-Main
Der Leinpfad führt von Wiesbaden in den Rheingau bis nach Rüdesheim. Die Streckenführung ist gut ausgeschildert, wobei der Wanderweg fast durchgängig am Rheinufer entlang führt, der Radweg hingegen teilweise umgeleitet wird. Näheres dazu beschreibe ich im jeweiligen Abschnitt.
Obwohl in Rüsselsheim das Denkmal Leinreiter am Ufer des Mains steht, gilt dies momentan noch nicht als Beginn des Leinpfads. Wer mag, kann dort aber gut starten.
Offiziell beginnt der Leinpfad am Mainufer Aussichtsturm in Mainz-Kostheim. Wer allerdings mit dem Auto anreist, wird dort nur wenige Parkplätze vorfinden. Reist du hingegen aus dem Rhein-Main-Gebiet mit der Bahn an, könntest du normalerweise gut am Bahnhof in Mainz-Kastel starten. Doch Achtung: Dieser Bahnhof ist zur Zeit (noch) nicht barrierefrei. Aus Richtung Frankfurt kommend ist das kein Problem, aus Richtung Wiesbaden kommend allerdings schon. Denn dann muss man das Rad treppab und treppauf tragen. Ich habe das mit E-Bike versucht und bin fast daran gescheitert! Zum Glück haben mir dann ein paar freundliche Mitreisende geholfen, dass Rad zu tragen.
Alternativ steigt man in Wiesbaden Hbf aus und fährt dann mit dem Fahrrad nach Biebrich, um dort in den Leinpfad einzusteigen, dort am Flötenspielerbrunnen radelt man in Richtung Schierstein.

Aber von vorne. Ich beginne meine Radrunde in Mainz Kostheim und nehme euch zu den verschiedenen Stationen mit. Ihr bekommt Tipps für Sehenswürdigkeiten am und in der Nähe des Leinpfads. Und ich erzähle etwas über die Routenführung. Eine wirklich gute Karte über die Streckenführung erhält man (kostenlos) im Regionalpark Portal in den Weilbacher Kiesgruben. Alternativ kann man die Freizeitkarte Rheingau auch über die Webseite des Regionalparks bestellen.
Tipp: Kostenloses Kartenmaterial über die Leinpfadroute bekommt man im Regionalpark Portal Weilbacher Kiesgruben.
Mainz-Kostheim und Mainz-Kastel

Startpunkt für meine Radtour entlang der Leinpfadroute ist der Aussichtsturm am Mainufer in Mainz-Kostheim. Aus 20 m Höhe habe ich einen wundervollen Blick über die beiden Landeshauptstädte Mainz und Wiesbaden und über die Hänge des Taunus.

Orientiert euch am Leinpfadhinweisschild, so wie ich es getan habe. Dieses findet ihr wirklich überall. So kann nichts schief gehen.
Kurz nachdem ich am Spiel- und Balancierpark An der Helling vorbei bin, macht der Fuß- und Radweg eine Rechtskurve und ich komme auf die Biebricher Straße (nach links weiterfahren). Durch Mainz-Amöneburg muss ich nun neben der Straße fahren. Rechts sind die Werke von Dyckerhoff und Kalle. Direkt hinter dem Kreisverkehr (2te Ausfahrt nehmen), nehme ich die kurze Linksabbiegerspur und finde mich auf dem Radweg am Rheinufer wieder. Hier beginnt Wiesbaden-Biebrich.
Wiesbaden-Biebrich und -Schierstein

In Biebrich fahre ich den Rheinuferweg lang. Dieser biegt vor dem Neubau der Schiersteiner Brücke (Autobahnbrücke) nach rechts ab, dann unterquere ich die Brücke und biege wenige Meter später in den Hafenweg nach links ab. Leider gibt es derzeit keinen durchgehenden Radweg unter der Brücke hindurch. Ich folge dem Hafenweg nach rechts und radele wieder am Rheinufer weiter.
Ich komme zur Kunstmole am Schiersteiner Rheinufer. Hier finden von ~April bis Oktober Outdoor-Kunstprojekte statt. 2023 ist das Thema “Tiere am und um den Schiersteiner Hafen”. Teilnehmer/Aussteller sind Schulen und Kitas des Ortes.

Ich fahre um den Schiersteiner Hafen herum und wende mich dann Richtung Walluf, dabei komme ich am Vogelbrut und -schutzgebiet des Wasserwerks mit der Storchenkolonie vorbei.

Walluf
Noch bevor es in den kleinen Weinort Walluf geht, biege ich links und sofort wieder rechts ab, denn ich will einen Abstecher zur Ruine der Alten Johanniskirche machen. Diese hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Genauso wie die Reste der daneben liegenden Turmburg.


Ich fahre zurück zum Leinpfad und komme nun nach Walluf. Dieser Ort mit seinen pittoresken Fachwerkhäusern und kleinen Gassen ist die Heimat des (Comic) Autors Michael Apitz. In unserer Region ist er sehr bekannt. Aus seiner Feder stammen die “Karl, der Spätlesereiter” Comicbücher. Es gibt sogar Karl-Fußgängerampeln in Walluf.

Radweg versus Wanderpfad
Nun teilt sich der Weg. Wanderer können weiter direkt am Rhein entlang gehen und die Schönheit der Eltviller Riviera bewundern. Als Radfahrer muss ich entweder schieben – nein, mag ich heute nicht – oder ich fahre am La Londe Platz rechts ab, bis ich auf die Wallufer Straße (Hauptstr.) komme. Das ist kurzfristig kein so schöner Weg, weil ich neben der viel befahrenen Strecke radle (Radweg vorhanden).

In Eltville orientiere ich mich an den Hinweisschilder, die mich zum Wahrzeichen der Rheingaustadt, der Kurfürstlichen Burg leiten. In der Eltviller Burg residierten dereinst die Mainzer Kurfürsten und Erzbischöfe. Heute ist es ein empfehlenswertes Ausflugziel. Besonders “betörend” ist der Duft hunderter Rosenblüten im Amtsgarten. In der Burganlage befindet sich die Tourist Information.

Funfact: Unweit der Burg steht das Geburtshaus von Friele Gensfleisch, dem Bruder des berühmten Erfinders des Buchdrucks mit beweglichen Lettern Johannes Gutenberg.
Endlich darf ich mit dem Pedelec auch wieder direkt am Rheinufer radeln. Dabei komme ich an der Nikolausquelle vorbei und zur Unterführung Erbach, dem Ortsteil Eltvilles, in dem jährlich Mitte Juni das Erdbeerfest stattfindet. Vier Tage dreht sich dann alles um Erdbeeren, Bowle und Sekt.
Hattenheim und Oestrich-Winkel
Zwischen Eltville und Hattenheim erkennt man eine (Binnen)Insel im Rhein. Hier handelt es sich um die 3,3 km lange Mariannenaue. Benannt wurde sie nach Marianne von Oranien-Nassau, die Schloss Reinhartshausen Mitte des 19. Jahrhunderts mit der dazugehörigen Aue erwarb und bis zu ihrem Tod 1883 dort lebte. Vorher war die Insel unter dem Namen Westfälische Aue bekannt. Die Mariannenaue kann mit einer Führung besichtigt werden.

Meine Tagestour führt mich allerdings weiter nach Oestrich-Winkel. Bereits am Ortseingang von Oestrich steht das Wahrzeichen der Stadt, der Oestricher Kran. Mit diesem wurden früher Weinfässer be- und entladen, die auf dem Rhein transportiert wurden.
Geisenheim bis Rüdesheim

Idyllisch und mediterran mutet der Radweg an, der mich nach Geisenheim führt. Auf diesem Abschnitt sind nur wenige andere Radfahrer unterwegs. In Geisenheim lohnt sich der Besuch des Doms, der eigentlich gar kein Dom ist.
Kulturinteressierte sollten sich auch den Park und die Villa Monrepos anschauen.

Langsam nähere ich mich dem Ende des Leinpfads, denn ich bin nach wenigen Radminuten in Rüdesheim, jene quirlige, touristische Hochburg am Rhein, die gerne von Besuchern aus der ganzen Welt angeschaut wird. Highlight soll dabei die berühmte Drosselgasse sein, wobei sich mir die Faszination dieser auf Konsum und Kommerz ausgelegten Gasse entzieht. Das ist mir keinen Besuch wert. Und gute Weinlokale und Cafés ohne Touristenaufschlag und Massenabfertigung finde ich in den kleineren, unbekannteren Rheingaustädtchen genügend.

Die Brömserburg, die man nur wenige Meter hinter der Drosselgasse sieht, ist imposant. Das dort ansässige Weinbaumuseum ist derzeit wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Falls du noch Energie übrig hast, kannst du die Seilbahn zum Niederwalddenkmal besteigen. Von der Anhöhe hat man einen wunderbaren Ausblick auf die Weinberge des Rheingaus und Rheinhessens.
Mir reicht es für heute. Am Ende der Promenade, dort wo die B 42 die Bahnlinie quert, ist der Rüdesheimer Bahnhof und von dort nehme ich die nächste Regionalbahn der Rheingau Linie zurück nach Mainz-Kastel. Ein Einzelticket für Erwachsene kostet € 5,80 (Stand 2023). Die Radmitnahme ist kostenlos.
Seit Juli 2023 ist endlich auch der weiterführende Radweg von Rüdesheim bis Lorsch – der teuerste Radweg Deutschlands – eröffnet.
Noch mehr Lust auf Radtouren oder Wanderwege? Dann schau dich gerne bei mir um.
Werbung/Affiliate Hinweis
Regionalpark Rhein-Main kurz und knapp
Wo beginnt und endet die Regionalpark Rhein-Main Rundroute?
Die Rundroute des Regionalparks Rhein-Main beginnt und endet an der Mainspitze in Gustavsburg, dort wo der Main in den Rhein fließt.
Wo finde ich das Regionalpark Portal?
Das Regionalpark Portal ist in den Weilbacher Kiesgruben in Flörsheim zu finden.
Gibt es (kostenlose) Landkarten, mit den Regionalpark Routen und Erlebnispunkten?
Ja, im Regionalpark Portal in Flörsheim kann man sich kostenlos Karten besorgen. Man kann sie auch online auf der Seite des Regionalparks Rhein-Main bestellen.
Gibt es Weinprobierstände am Leinpfad?
Ja. Jede Menge sogar. Weinprobierstände findet man in Mainz-Kostheim, Wiebaden-Biebrich, Wiesbaden-Schierstein, Walluf, Eltville, Eltville-Erbach, Hattenheim, Oestrich, Winkel, Geisenheim und Rüdesheim.
¹ Quelle: wikipedia.org
Liane und Herr R.
Willkommen. Ich bin Liane und die Gründerin und Wortjongleurin des Reiseblogs DieReiseEule.
Herr R. ist nicht nur mit mir verheiratet, sondern auch mein Co-Fotograf für ungewöhnliche Blickwinkel.
Newsletter
Gib deine E-Mail-Adresse an, um DieReiseEule zu abonnieren und Benachrichtigungen über neue Beiträge via E-Mail zu erhalten.
Ein schöner Beitrag, vielen Dank dafür. Eine wunderschöne Gegend. Wir wollten am 8.6.23 auch eine Fahrt auf dem Rhein machen und dort vorbeifahren, aber das wurde noch vor der Abfahrt durch eine Gruppe angetrunkener Engländer verhindert. LG M.