Die Barfüßerkirche in Erfurt

Geschichte hautnah: Die Barfüßerkirche in Erfurt

Erfurt ist die Landeshauptstadt des Bundeslandes Thüringen und schon länger kein Geheimtipp mehr. Die Stadt ist erfrischend jung und quirlig. Sie hat Angebote für Besucher jeden Alters – vom Kleinkind bis zu den Urgroßeltern. Tagtäglich laufen tausende Menschen über das Wahrzeichen der Stadt – die Krämerbrücke. Doch manches Kleinod bleibt fast unentdeckt. Und eines davon möchte ich euch heute vorstellen: Die Barfüßerkirche.

Ich war bereits mehrfach in Erfurt, bevor ich eher “aus Versehen” an der Barfüßerkirche vorbeikam. Die Ruine erweckte meine Neugier und so kam es, dass ich mich ein wenig in die Geschichte eingelesen habe, die ich nun mit euch teile.

Die Ruine der Barfüßerkirche in der Barfüßerstrasse 20 in der Erfurter Altstadt hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Immer wieder wurden die Klostermauern von Bränden heimgesucht. Doch die Erfurter bauten sie unermüdlich wieder auf.

Zuletzt wurde die Barfüßerkirche im 2. Weltkrieg schwer beschädigt. Ein weiterer Wiederaufbau stand bevor und wurde glücklicherweise umgesetzt.

Wer gerade zur BUGA in Erfurt ist, sollte einen Abstecher zur Ruine machen und sich begeistern lassen.

Wissenswert! Der Name Barfüßer ist ein Synonym für die Franziskaner.

Geschichte der Barfüßerkirche

1224 kommt der Franziskaner Jordanus de Giano nach Erfurt. Zusammen mit 7 Brüdern wohnt er im Hospital zum heiligen Geist am Kämpfertor und beginnt zu missionieren. Er überwacht den Bau des neuen Klostergebäudes am heutigen Standort der Barfüßerkiche und bezieht diesen 1231.

Sechzig Jahre später brennt Erfurt und auch das Kloster wird ein Opfer des Feuers. Man beginnt sofort mit einem Neubau. Doch im Mittelalter ziehen sich die Bauarbeiten hin. Zuerst wird der Chorraum fertiggestellt, der Bau des Langhauses dauert weitere Jahrzehnte.

Das Großprojekt kostet jede Mengel Geld. Die Kirche allein kann das nicht leisten und so kommt es, dass einflussreiche Zünfte und Kaufmannsfamilien Finanzhilfe leisten. Sie zahlen hauptsächlich die Schlusssteine der Bögen und einige Glasfenster. Das Kirchengebäude ist eines der größten, zentralen und imposantesten Bauten der Stadt und spiegelt den Stil der Zeit wieder.

Im Zuge der Reformation darf das Kloster keine weiteren Mitglieder aufnehmen. Die lebenden Franziskaner dürfen wohnen bleiben, aber das Gebäude wird 1525 der evangelischen Gemeinde übergeben. Der letzte Mönch stirbt 1594.

Martin Luther, Erfurt und die Barfüßerkirche

martin luther erfurt

1501 schreibt sich Martin Luther in der Universität Erfurt ein. Als Vorbereitung auf das Jurastudium muss er zunächst die sieben freien Künste “septem artes liberales” an der philosophischen Fakultät absolvieren.

1505 beginnt er mit dem Jurastudium. Der Legende nach gerät er in ein schweres Gewitter bei Stotternheim, erfleht die Hilfe der heiligen Anna und schwört, sollte er verschont werden, Mönch zu werden.

Am 17. Juli 1505 wird er ins Erfurter Augustinerkloster aufgenommen und erfüllt seinen Schwur. Später führt ihn sein Weg noch nach Eisenach und Wittenberg bis er schließlich 1517 seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel an die Tür der Wittenberger Schlosskirche schlägt.

Im Verlauf seiner Reformation kommt er nochmals zurück nach Erfurt und predigt 1529 in der Barfüßerkirche.

Geschichte ab 1800

Bauarbeiten bleiben der Barfüßerkirche nicht erspart. Mal werden die Mauern gestärkt, dann kommt ein neuer Taufstein hinzu. Glockengeläut lädt die Gläubigen jeden Sonntag zum Gottesdienst ein.

Am Anfang der 1830er Jahre fährt ein Blitz in die Grundmauern ein. Die Kirche ist einsturzgefährdet. Fünf Jahre später stürzen dann tatsächlich die Pfeiler der Nordseite ein.

Und wieder beginnt der Aufbau. Diesmal unter Leitung des Berliner Professors Pabst. Dieser verstärkt die Pfeiler und lässt neue Schlusssteine fertigen.

Dann beginnt der 2. Weltkrieg. Die Situation spitzt sich immer mehr zu. In ganz Deutschland werden Luftangriffe geführt. Daher entschließen sich die Erfurter ab 1943 die transportable Kirchengüter und die Farbverglasungen von unschätzbarem Wert aus der Barfüßerkirche auszulagern und zu sichern. Der Flügelaltar konnte nur notdürftig geschützt werden, indem man ihn einhauste.

In der Nacht zum Totensonntag 1944 wurde das Langhaus durch eine britische Luftmine vollkommen zerstört, der Chor schwer beschädigt.

Der Hohe Chor wurde zuerst saniert, sodass 1957 dort endlich wieder Gottesdienste gefeiert werden konnten. Das Langhaus komplett zu sanieren war unmöglich und konnte nur noch statisch gesichert werden.

Eine Bronzereliefplatte – geschaffen vom Erfurter Bildhauer Hans Walther – erinnert heute noch an die schreckliche Kriegsnacht.

Totentanz – Reliefplatte an der Außenmauer der Barfüßerkirche

Barfüßerkirche heute

Der Turm der Barfüßerkirche wurde erst nach der Wiedervereinigung zwischen 2005 und 2007 saniert. Die Arbeitsgruppe Barfüßerkirche organisierte eine Spendenaktion, um den Turm wieder begehbar zu machen. Zusammen mit Mitteln des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Arbeit gelingt es innerhalb kurzer Zeit diesen Traum zu finanzieren und so kann der Turm seit 6. Mai 2009 am Tag des offenen Denkmals oder im Rahmen von Führungen bestiegen werden.

In der Barfüßerkirche finden gelegentlich musikalische oder kulturelle Veranstaltungen statt. Das Programm kann man auf der Seite des Initiativkreis Barfüßerkirche abgerufen werden. Dort findet man auch alles zur Geschichte des ehemaligen Klosters, von dem ich euch nur einen groben Überblick gegeben habe.

Die Barfüßerkirche in der gleichnamigen Straße

Natürlich ist das Gebäude trotz Kriegsschäden auch heute noch imposant. Doch man sollte sich nicht nur die Außenfassade ansehen, sondern auch einen Blick ins Innere wagen, denn der 1446 geschaffene Flügelaltar gehört immer noch zu den bedeutensten Schnitzaltären in Erfurt.

Im Chorraum hat man 13 hohe Fenster eingebaut, in die man teilweise die bunten und vor der Zerstörung geretteten Glasfenster aus dem 13. Jahrhundert integriert hat. Dargestellt sind Szenen aus dem Leben des berühmten Franz von Assisi und die Passion Christi.

Noch mehr spannende Informationen über die Barfüßer, das Kloster und die Geschichte der Barfüßerkirche erhält man während einer Führung.

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Dieser Beitrag nimmt an der Blogparade “Thüringen wieder entdecken” der Thüringer Tourismus GmbH und dem Thüringer Bloggernetzwerk “Thüringen bloggt” teil.

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5 Kommentare zu „Die Barfüßerkirche in Erfurt“

  1. Pingback: Blogparade „Thüringen wieder entdecken“ - Thüringen bloggt

  2. Liebe Liane,

    in Erfurt war ich zwar schon mal, allerdings nur kurz. Die Barfüßerkirche habe ich natürlich nicht gesehen.

    Aber dein Bericht weckt große Lust, sie mir beim nächsten Erfurt-Besuch anzusehen. Ich mag historische Bauwerke mit einer interessanten Geschichte. Und gerade, wenn sie nicht mehr vollständig erhalten sind haben sie einen großen Reiz.

    Liebe Grüße Gina

  3. Ich finde es total spannend und interessant, was für Geschichten solch alte Gebäude erzählen. Es ist schon traurig, wie oft die Kirche zerstört wurde. Gegen Naturgewalten kann man ja nicht wirklich viel tun, aber Kriegsbomben sind wirklich eine Schande. Diese sinnlose Zerstörung macht mich immer sehr traurig. Immerhin kann man die Überreste heute noch besuchen und sich daran erinnern, was einst gewesen sein mag.

  4. Hallo, Erfurt ist gar nicht weit weg von uns, vielleicht sollten wir endlich mal hinfahren. Die Kirche und besonders ihre Geschichte beeindruckt mich sehr und ich möchte sie jetzt auch live sehen. Vielleicht kombiniere ich das mit einem Besuch der Buga, der steht für den Sommerurlaub auch auf dem Plan. Ich danke dir für die Inspiration.
    VG Simone

Hau in die Tasten! Ich freue mich sehr über einen konstruktiven Text von dir.

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