Wandern um den Bismarckturm Ingelheim
Majestätisch thront der 32 m hohe Bismarckturm über Ingelheim am Rhein. Normalerweise darf man ihn auch besteigen, aber zur Zeit ist er wegen der Covid-19-Pandemie geschlossen. Doch auch so hat man von der Anhöhe einen guten Blick über Ingelheim, die Weinberge Rheinhessens und des Rheingaus.

Geschichte des Bismarckturms

Der Name verrät es schon: Der Turm wurde zu Ehren Fürst Otto von Bismarcks gebaut. Das Grundstück stellte die Gemeinde kostenfrei zur Verfügung, da überlegte man nicht lange, ob es evtl einen besseren Standort gäbe. Außerdem versprach man, eine Zufahrtsstraße zu bauen.
Der Grundstein wurde gleich zweimal gelegt. Zuerst 1902, aber der Bau konnte nicht begonnen werden, da die Geldmittel nicht vorhanden waren.
Der Mainzer Rechtsanwalt Heinrich Claß gründete 1906 den Rheinhessischen Bismarckverein, sammelte Spendengelder und nachdem der Architekt Wilhelm Kreis einen neuen Entwurf des Turms vorlegte, wurde 5 Jahre nach der ersten Grundsteinlegung ein zweites Mal der Bau begonnen.
Die Geldsorgen waren allerdings damit nicht passé. Man stieß auf Bodenprobleme und musste die Fundamente mit viel Aufwand verstärken bzw. deutlich tiefer verankern als gedacht. Das fraß die Rücklagen auf. Ursprünglich war geplant, dass eine riesige Bismarckskulptur an der Talseite stehen solle, doch diese fiel der Kürzung der Mittel zum Opfer.
Am 12. Mai 1912 wurde das neue Wahrzeichen der Stadt eingeweiht. Der Verein stand noch 3 weitere Jahre in der Bringschuld für die exorbitant gestiegenen Kosten. Statt der veranschlagten 27.000 Goldmark betrug die Endabrechnung weit über 65.000 Goldmark.
An Weihnachten “verkleidet” sich der Bismarckturm in eine überdimensionierte Weihnachtskerze. Der Turm wird rot angestrahlt und Halogenbirnen in der Kuppel erzeugen die Illusion einer Flamme.
Rundwanderweg Waldblickrunde und/oder Hiwweltour

Als Hiwweltouren (Hiwwel = Hügel) werden zertifizierte Wanderwege in Rheinhessen bezeichnet. Man erkennt sie an den Hinweisschildern mit dem kleinen, geschwungenen, weißen H, welches das Blau des Himmels und das Grün der Felder trennt.
Die Hiwweltour Bismarckturm ist ein 10,3 km langer Rundwanderweg. Er führt durch den Wald, das Naturschutzgebiet von Gau-Algesheim und die Ingelheimer Weinberge. 151 m Höhenunterschied sind dabei zu bewältigen.
Mangels Training über den Winter war uns das Risiko, gleich einen heftigen Muskelkater zu riskieren zu groß. Wir entschieden uns daher für den etwas kürzeren Waldblickweg.
Waldblickrunde
Schwierigkeitsgrad: Für Anfänger geeignet. Barrierefreier Waldweg. Mit Hunden geeignet (anleinen). 4,5 km Länge, Höhenunterschied 46 m, Dauer: ca 1 Std. 15 min.

Natürlich liefen wir zu Beginn um den Bismarckturm herum, um ihn von allen Seiten zu bewundern. Ein Prachtstück, sage ich euch. Wie toll wäre es gewesen, von der obersten Zinne ins Tal zu blicken, aber leider ist der Aufstieg coronabedingt zur Zeit nicht möglich.
Wir entschieden uns, einen kleinen Spaziergang zu machen. Also gingen wir ein paar Schritte den geteerten Weg Richtung Tal, um dann links auf den Schotter- und Waldweg abzubiegen. Noch versperrte kein Baum die Aussicht und so konnten wir weit über die Ingelheimer Aue hinweg bis auf die rechte Rheinseite und die Weinberge des hessischen Rheingaus sehen . Danach windet sich der Weg gemächlich in den Wald hinein.

Nach 700 m öffnet sich ein Plateau. Man erreicht die Schutzhütte GAGA, die nicht nach der Sängerin benannt ist, sondern nach der 1869 gegründeten Firma Gebr. Avenarius Gau-Algesheim. Diese hatte sich sogar die Wortmarke schützen lassen. Gäbe es die Firma für Metallputzmittel noch, hätte Lady Gaga heute ein juristisches Problem.

Nach dem Panoramablick geht es wieder in den Wald. Der wirkt herrlich unaufgeräumt und naturbelassen. Wären da nicht die Ansätze eines Tipis zu sehen, hätte ich mich für den ersten Besucher des Weges gehalten.

Bei Sonnenschein und Hitze bietet der Waldpfad genug Schatten. Was mir ebenfalls sehr gefallen hat, sind die Sitzmöglichkeiten. Teils im Schatten der Bäume, aber es gibt auch Holzliegen, die den Blick in die Ferne freigeben. Im Frühling sind die gelben Rapsfelder ein wunderschöner Anblick.

Die meiste Zeit läuft man gleichzeitig auch auf der Hiwweltour, aber manchmal trennen sich die Wege. Durch die durchgehende Beschilderung kann man sich aber nicht verlaufen.
Mitten im Wald sind auf einmal Senken sichtbar. Ich fragte mich, ob diese künstlich angelegt seien und nur wenige Meter weiter, erhielt ich die Antwort. Infotafeln zeigen, wo im 1. Weltkrieg Infanteriegräben an der Flanke des Westerbergs gezogen worden waren.

Waldbewohner
Je nach Uhr- und Jahreszeit trifft man auf der Waldblickrunde verschiedene Waldbewohner. Da wir um die Mittagszeit unterwegs waren, sahen wir kein Rotwild, aber eine hübsche Schnecke zog des Weges.
Und nachdem sich die Runde langsam zum Ausgangspunkt zurück schlängelte, kamen wir noch an Pferdekoppeln und Rinderweiden vorbei.



Kurz bevor man wieder auf den Bismarckturm trifft, gibt es eine Gaststätte. Auch diese hat leider noch geschlossen. Der Tiger-Garten Waldeck, der normalerweise Familien mit Kindern in Scharen anzieht, darf seit 22.5. unter Hygieneauflagen und Voranmeldung öffnen. Freitags bis Sonntags kann man einen Zeitslot buchen und die Raubtiere anschauen.
Mein Fazit
Eine gemütliche, familientaugliche, sehr gut beschilderte Wegstrecke mit viel Ausblicken auf unsere schöne Weingegend. Nach Regenfällen sollte man auf jeden Fall festes Schuhwerk tragen, im Sommer kann man auch Wandersandalen tragen. Für Flip-Flops und Stöckelschuhe ist der Weg nicht geeignet.

Anfahrt
Öffentliche Verkehrsmittel fahren den Bismarckturm nicht an. Am Bismarckturm gibt es Parkmöglichkeiten (kostenfrei), allerdings nur in begrenzter Anzahl.
Ins Navi gibt man die Adresse Waldeckstraße 6, Ingelheim ein. In Ingelheim ist der Bismarckturm/Waldeck ab L428 ausgeschildert (braune Schilder).
Liebe Liane,
uns geht es gerade genau so. Wobei mein Mann aus gesundheitlichen Gründen bestimmte Wege und Stiege nicht machen darf. Wir erkunden gerade kürzere Wege und laufen fast jeden Tag bei uns am Rhein entlang. Die Waldblickrunde wäre was für uns.
Herzliche Grüße und schönen Feiertag.
Renate