UNESCO Weltkulturerbe Bergpark Wilhelmshöhe
Einst verhöhnte der Slogan “Ab nach Kassel” Kaiser Napoleon III., der nach der verlorenen Schlacht von Sedan am Bahnhof von den siegreichen Aachenern in die nordhessische Provinz geschickt wurde. In meiner Jugend hingegen sollte dieser Ausspruch Touristen in die kleine Großstadt an der Fulda locken. Und ich kann nur sagen, Kassel lohnt sich. Sicher ist Kassels Innenstadt heute nicht die hübscheste – wurde die Stadt im 2. Weltkrieg doch sehr stark zerbombt -, aber der Bergpark im Ortsteil Bad Wilhelmshöhe ist wunderschön und beliebt bei Einheimischen und Besuchern.
Ab nach Kassel!
Bereits 2013 wurde der Bergpark Wilhelmshöhe als erster Bergpark weltweit in die Liste der UNESCO aufgenommen. Der Park umfasst 560 Hektar schützenswerter, europäischer Bau- und Gartenkunst. Wer den Bergpark besuchen möchte, sollte gut zu Fuß sein. Es werden etliche Höhenmeter überwunden und zwischen Herkules und Neptunbassin gibt es unzählige Stufen zu überwinden.
Die Wege sind befestigt , aber nicht geteert. Nordhessen ist bekannt dafür, dass es häufiger regnet. Daher sollte man den Bergpark Wilhelmshöhe nur mit geeignetem, festen Schuhwerk betreten.
Löwenburg

Schon in meiner Kindheit war die Löwenburg der Teil des Bergparks, den ich am meisten geliebt habe. Obwohl die Burg mittelalterlich wirkt, wurde der Bau erst zwischen 1793 und 1801 von Landgraf Wilhelm IX. (der spätere Kurfürst Wilhelm I. von Hessen-Kassel) beauftragt. Sein Hofbaumeister Heinrich Christoph Jussow plante die Löwenburg im Stil einer nach außen verfallend aussehenden Ritterburgruine. Die Innenräume hingegen dienten als Lustschloss.
Ich stellte mir vor, wie Rapunzel hier ihr Haar herunterlassen würde. Allerdings gilt nicht die Löwenburg als Vorlage für das Märchen, sondern vermutlich die Trendelburg. Dennoch träumte ich hier von Rapunzels. Nun ja, bis heute habe ich Rapunzel nicht gesehen, aber immer noch komme ich gerne hierher.
Im 2. Weltkrieg wurde der Bergfried, der Küchen- und der Verbindungsbau der Löwenburg stark zerstört. Küchen- und Verbindungsbau wurden bis 2002 wieder aufgebaut. Die Sanierung des Bergfrieds als letzter Bauabschnitt wurde nach mehr als fünfjähriger Planungszeit von 2013 bis 2022 durchgeführt. Nun sind die Abschnitte wieder zugänglich für Besucher. Heute erstrahlt die Löwenburg in frischem Glanz.
Herkules und Oktogon

Vorab eine Rätselfrage, die ich später beantworte:
Was hält Herkules in seiner rechten Hand?
Der Herkules ist das Wahrzeichen Kassels, errichtet auf dem Karlsberg und man kann ihn fast von überall sehen. Leider ist der ältere Herr selten ohne Gerüst abzulichten, denn der Zahn der Zeit nagt an ihm, der Pyramide und dem Oktogon.
Das Monument wurde von Landgraf Carl von Hessen-Kassel nach und nach geplant. Er beauftragte den italienischen Wasserbaumeister und Architekten Giovanni Francesco Guerniero mit der Ausführung. Zuerst entstand das Oktogon, welches um 1710 fertiggestellt wurde. Wie das bei damaligen Herrschaften so war, beschloss Karl, dass eine Pyramide aufgesetzt werden solle, damit man aus der Ferne sein Reich erkennen würde. Mit der Erstellung der Herkulesstatue wurde der Augsburger Goldschmied Johann Jacob Anthoni beauftragt. Im November des Jahres 1717 wurden die Kaskaden, das Oktogon und der Herkules eröffnet.

Landgraf Carl hätte gerne die Kaskaden bis zum Schloss Wilhelmshöhe gezogen und hatte noch ein paar andere Ideen für den herrschaftlichen Park, aber aus Geldmangel wurden die meisten Pläne verworfen.
Die 8,30 m hohe Herkulesfigur steht auf einem 3 m hohen Sockel. Sein Brustumfang beträgt 5 m und müsste er Schuhe kaufen, bräuchte er Schuhgröße 225.
Herkules stützt sich auf eine 4,70 m hohe Keule. In der Mythologie trieb Herkules den Nemeischen Löwen in die Enge und erwürgte ihn. Daher ziert die Keule ein übergeworfenes Löwenfell.
Und was hält Herkules nun in der rechten Hand hinter dem Rücken? Die Äpfel der Hesperiden, welche der Sage nach den Göttern der griechischen Antike ewige Jugend verliehen.
Schloss Wilhelmshöhe

Schloss Wilhelmshöhe wurde im klassizistischen Stil unter Landgraf Wilhelm IX. gebaut. Der symmetrische Dreiflügelbau liegt in der Sichtachse zum Herkules und den Kaskaden. Imposant war die Kuppel, die einst den Mittelbau krönte. Leider wurde Schloss Wilhelmshöhe in einer Bombennacht des zweiten Weltkrieges stark zerstört. Die Kuppel wurde nicht wieder aufgebaut.
Heute kann man im Schloss Wilhelmshöhe Gemälde Alter Meister, eine graphische und eine Antikensammlung besuchen. Im nördlichen Kirchenflügel befindet sich eine Präsenzbibliothek. Der südlichen Weißensteinflügel ist zurzeit wegen Sanierung geschlossen (4/2023).
Die Gemäldesammlung “Alte Meister” im Schloss Wilhelmshöhe ist über die hessischen Grenzen hinaus bekannt. Auf drei Etagen findet der Kunstliebhaber mehr als 500 auserwählte Gemälde europäischer Malerei von der Spätgotik bis zum Klassizismus. Darunter auch Rembrandts “Der Segen Jakobs”.
Wasserspiele

Die Wasserspiele im Bergpark Wilhelmshöhe finden saisonal vom 1. Mai bis 3. Oktober statt und sind ein absolutes Highlight im Bergpark Wilhelmshöhe.
Die Wasserspiele wurden von Landgraf Carl von Hessen-Kassel in Auftrag gegeben und funktionieren bis heute ohne den Einsatz von Pumpen. Allerdings gingen anfangs die Wasserspiele nur bis zum Neptunbassin. Erst der Enkel Carls Landgraf Friedrich II. erweiterte den Park um einen Landschaftsgarten bis zum Schloss Wilhelmshöhe.
Die Stationen der Wasserspiele im Bergpark Wilhelmshöhe
Herkules
Die Wasserspiele beginnen an der Vexierwassergrotte mit dem Artischockenbassin unterhalb des Herkules. Fontänen im Artischockenbassin und Signaltöne aus den Hörnern der mythischen Figuren (alles nur mittels Wasserdruck ausgelöst) eröffnen das Spektakel. Das Wasser fließt vom Artischockenbecken die großen Kaskaden hinab bis ins Neptunbecken. Bis hierhin nennt man dies die barocken Wasserspiele.
Steinhöfer Wasserfall
Nächste Station ist der Steinhöfer Wasserfall. Karl Steinhöfer war der Architekt. Der Aufbau soll an einen Steinbruch erinnern, der von der Natur zurück erobert wird. Ab hier nennt man es die romantischen Wasserkünste.
Teufelsbrücke und Höllenteich

Bergabwärts gelangt man nun zu Teufelsbrücke und Höllenteich. Beide gemahnen an Pluto, dem römischen Gott der Unterwelt. Wenige Meter weiter findet sich die ebenfalls nach ihm benannte Plutogrotte.
Die Teufelsbrücke war ursprünglich aus Holz, bevor 1826 die für Lokomotivbau bekannte und ortsansässige Firma Henschel eine Metallkonstruktion über den Höllenteich spannte.
Kaskade nach der Teufelsbrücke und Aquädukt

Durch den Wald hinter der Teufelsbrücke plätschert das Wasser natürlich anmutend über die Kaskaden in Richtung der vorletzten Station, dem römische Aquädukt. 30 m tief fällt das Wasser über den Rand der künstlich arrangierten Ruine. Gemütlich fließt das ankommende Wasser nun über die Peneuskaskaden am Jussowtempel vorbei in den Fontänenteich.
Die große Fontäne
Zum großen Finale muss man unbedingt zum Fontänenteich gehen. Ohne technische Hilfsmittel, mit Hilfe eines komplexen Systems, schießt eine über 50 m hohe Fontäne in den Himmel.
Spezial-Tipp BergparkLeuchten 2023
Solltet ihr dieses Jahr am 2. und 3. Juni noch nichts vorhaben, dann fahrt nach Kassel. Der Bergpark Wilhelmshöhe feiert 10 Jahre UNESCO Weltkulturerbe und zu diesem Anlass gibt es abends illuminierte Wasserspiele. Beginn ist um 21.45 Uhr am Herkules. Weitere beleuchtete Stationen sind um 22.20 Uhr die Teufelsbrücke, 10 min später das Aquädukt und die Penaeuskaskaden und das große Finale um 22.45 Uhr am Fontänenteich. Die Steinhöfer Wasserfälle sind nicht Teil der Illumination. Man sollte unbedingt eine Taschenlmape mitnehmen, da die Wege unbeleuchtet sind.
Wer sich die Wasserspiele anschauen möchte sollte folgendes wissen
- Die Wasserspiele beginnen um 14.30 Uhr.
- Meist ist es sehr voll. Man sollte sich früh einen guten Platz sichern. Dabei sollte man an Sonnenschutz denken.
- Die Tour dauert insgesamt ca 2 Stunden, wenn man alle Stationen ablaufen will. Unbedingt Getränke mitnehmen, denn unterwegs gibt es keine Möglichkeit sich zu versorgen.
- Alle Stationen der Wasserspiele werden nacheinander abgespielt, sodass man an allen Stationen zuschauen kann.
- Etwa 10 min lang kann man an jeder Station die Wasserspiele anschauen.
- Der Gesamtweg beträgt über 2 km und ist nur bedingt barrierefrei. Das Tragen von festem Schuhwerk wird dringend empfohlen.
Anreise
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Liane und Herr R.
Willkommen. Ich bin Liane und die Gründerin und Wortjongleurin des Reiseblogs DieReiseEule.
Herr R. ist nicht nur mit mir verheiratet, sondern auch mein Co-Fotograf für ungewöhnliche Blickwinkel.
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Liebe Liane, Kassel scheint mir lohnenswert für einen Städtetrip zu sein. Leider war ich bis jetzt nur auf dem Bahnhof in Kassel.
Grüße aus dem Schwarzwald. Dagmar
Es lohnt sich wirklich.
Ich muss ja gestehen, ich kenne viel zu wenig von Deutschlands Sehenswürdigkeiten. Und Kassel war bislang nicht dabei bei meinen Städtereisen, aber deinen Fotos zufolge lohnt sich die Stadt auf jeden Fall zu besuchen.
Der Bergpark ist wirklich schön, die Innenstadt von Kassel ist leider nicht so schön. Kassel war einfach zu zerbombt im 2. Weltkrieg.
LG
Nachdem ich in Kassel studiert und viel Zeit in diesem wunderschönen Bergpark verbracht habe, musste ich natürlich deinen Artikel gleich lesen. Ich finde ihn sehr gelungen und die Fotos sind toll. Ja, und der Rest der Stadt ist wegen der Weltkriegs-Bombardierungen leider nicht mehr so malerisch wie früher.
Danke für die lieben Worte.
Toller Beitrag und super Fotos.
Ich war letztes Jahr im Bergpark und ich habe jetzt so schön in Erinnerungen schwelgen können.
Zudem habe ich noch einiges gelernt, z. B. was Herkules in der Hand hält – und ich dachte immer ich kenne die Sagen um ihn.
Liebe Grüße
Sonja
Freut mich.
LG Liane
Sehr schön geschrieben! Habe mir gerade schon überlegt, wann ich dort ein Wochenende verbringen kann. 😀
Ab Mai. Wenn die Wasserspiele losgehen, empfehle ich.
Ich liebe solche Ausflüge! Wird Zeit, dass ich mal wiedernach Kassel komme! LG Ulrike
Auf jeden Fall, liebe Ulrike