[Reisetagebuch] Über das Erongogebirge zur White Lady

Unser siebter Tag in Namibia

Nach einem ausgiebigen und reichhaltigen Frühstück schnappen wir uns die Koffer und steigen in unseren Kleinbus ein. Wir fahren raus aus Swakopmund und lassen die “Metropole” hinter uns. Wie immer sind die Straßen staubig und holperig, aber daran haben wir uns bereits gewöhnt. Die ganze Zeit haben wir das Erongogebirge im Blick.

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Majestätisch erheben sich die Felsen über die schattenlose Ebene. Wild und abenteuerlustig wirken sie auf mich, aber auch friedvoll. Im Erongo lebten und leben die San, die Buschleute,  die man früher auch Pygmäen nannte wegen ihrer geringen Körpergröße. Dahin soll es gehen. Doch noch liegen fast 200 km vor uns.

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Wie üblich kreuzen gelegentlich Tiere die Fahrbahn. Das eintönige Geräusch des Wagens lässt uns in einen Dämmerzustand gleiten. Ach könnte ich doch im Auto schlafen…

Doch “Stop”, was war das? Da hat sich was bewegt. “Gustav, Stop!”, rufe ich beherzt und alle schlagen die Augen auf. “Da war was. Irgendein Tier. Ich weiß es nicht genau, aber es sah fast aus wie ein Krokodil, doch die gibt’s hier nicht ohne Wasser, oder?”

Wir halten an und laufen ein paar Schritte zurück. Dorthin, wo ich meine, das Tier gesehen zu haben. Ja, ein schuppiger Schwanz schaut unter den Büschen hervor. Scheint ein ganz schön großes Viech zu sein.

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Gut getarnt, nur die Schwanzspitze lugt hervor

Gustav schnappt sich einen Stock und versucht das Tier unter dem Busch hervor zu locken. Es zeigt sich, dass es ein ca 2 m langer Leguan ist. Nur ungern verlässt er sein schattiges Plätzchen, um sich uns in voller Schönheit zu zeigen.

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Mit der rausgestreckten Zunge müssen wir wohl leben. Leguani hält nichts von uns. Langsam und gemächlich setzt er Fuß vor Fuß, Tatze vor Tatze, wendet sich ab, riskiert einen letzten Blick und verschwindet im nächstgelegenen Gebüsch.

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San – Lebendes Museum

Für uns geht die Fahrt weiter. Wir sind noch total geflasht als wir in Omandumba ankommen. Boah, ist es hier heiß! Im Talkessel staut sich die Hitze. Kein Wind, kein Wölkchen. Wir sehen die ersten San, die fast unbekleidet sind und in meinem tiefsten Inneren beneide ich sie darum. Am liebsten würde ich auch sämtliche Kleider ablegen. Vermutlich wäre mir aber immer noch warm.

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Nach der Entrichtung des Obulus für die Führung, folgen wir den beiden Buschleuten. Der ältere Mann erklärt und der jüngere übersetzt. Wir erfahren, dass die jungen San der Schulpflicht unterliegen und daher alle englisch sprechen. Doch die Rollenverteilung in der Gruppe ist traditionell. Die Frauen kümmern sich ums kochen und die Kinder und die Männer führen durchs Gelände und sind für die Jagd zuständig.

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Zuerst erklimmen wir die Felsen und wagen einen Blick über die Ebene. Sofort wird klar, dass man von hier einen prima Rundum-Panorama zur Tierbeobachtung hat. Die San jagen zum Beispiel Oryxe. Die Bäume bieten dem Wild zwar Schatten, aber kaum Verstecke. Und die Buschleute haben Adleraugen.

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Nächste Station sind die Felszeichnungen, die hauptsächlich Jagdszenen zeigen.

Beide Buschleute gemeinsam führen uns vor, wie sie Feuer machen. mit einem Stab, der aussieht wie eine Flöte, aber nur, weil er schon so oft benutzt wurde. Ein kleines “Loch” wird in das weiche Holz geritzt, dann kommt ein Sandkorn hinein. Der Stab wird mit den Füßen auf dem Boden fixiert, Vogel(feder)nest liegt bereit, um den Funken aufzunehmen und dann wird ein zweiter Stab ins Loch gestellt.

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Von oben nach unten wird der Stab zwischen den Händen schnell gedreht und sofort vom nächsten San übernommen. Schnell qualmt es und dann wird gepustet, bis sich das Nest entzündet. Das ging echt fix.

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Kleine Tiere wie “Hühner” fangen die San mit Fallen. Auch hier kriegen wir beeindruckend gezeigt, wie sie das machen. Sehr filigran. Aber es funktioniert. Und auch das Anpirschen und der Umgang mit Pfeil und Bogen ist Thema. Sensationell, dass man mit diesen primitiven Werkzeugen so erfolgreich sein kann.

Am Ende des Rundgangs entdecke ich noch eine Libelle. Kaum sichtbar, da sie sich nicht bewegt. Wir kaufen noch eine Hühnerkette für unsere Freundin zu Hause und dann ab in die Mikrowelle – Entschuldigung, den Kleinbus mit Saunafaktor.

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Am Fuße des Brandbergs

Die Klimaanlage funktioniert zum Glück und es kühlt ab. Nach 100 km kommen wir in Uis an. Gustav fährt eine Schleife. Unscheinbar sind am Rand ein paar Gräber sichtbar. Leider habe ich vergessen, welchem Unglück diese Männer zum Opfer gefallen sind.

Wir fahren in den Hof des The White Lady Guesthouse und beziehen unsere Bungalows. Die Räume sind groß und hoch. Es gibt einen Kühlschrank, den wir für eine Nacht aber nicht in Gebrauch nehmen. Leider ist kein Wasserkanister da, obwohl der da sein sollte. Gustav überläßt uns seinen. Schnell merken wir einen Nachteil des Bungalows: Es gibt zwar eine Wandabtrennung zur Dusche/Toilette, aber leider geht die nicht bis zum Dach, sodass man genau hört, wenn der andere sein Geschäft verrichtet. Privatsphäre ist wohl nicht die oberste Priorität, aber wir arrangieren uns.

Ich will in den Pool. Abkühlen. Der sieht ganz einladend aus. Also Bikini an, Handtuch mitnehmen und Bahnen ziehen. Wunderbar. Danach fühle ich mich gleich wie neu geboren. Die Hausherrin kommt vorbei und wir unterhalten uns eine Weile. Weit ab vom Schuss ist das Leben nicht ungefährlich. Immer wieder kommt es zu Überfällen auf Farmer und der Ort ist halb ausgestorben. Viele Bewohner haben sie verlassen.

Die, die noch da sind, schützen sich durch hohe Zäune, massive Tore und Wachen. Es wird empfohlen nach Sonnenuntergang nicht mehr durch die Straßen von Uis zu laufen.

Ich kleide mich zum Abendessen an. Im offenen Speisezimmer servieren die Gastgeber mit ihrem Team selbst gekochte Spezialitäten. Ein umfangreiches Buffet. Dazu trinken wir ein gut gekühltes Bierchen.

Es verdunkelt sich. Ein Gewitter zieht auf. Der Himmel färbt sich orangerot vom Sonnenuntergang und schwarz-lila durch die Gewitterwolken.

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Wir verabschieden uns alle. Es ist sowieso spät geworden. Morgen bekommen wir hoffentlich Namibias höchsten Berg, den Brandberg zu Gesicht. Gute Nacht.


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Aus Schutz der handelnden Personen der Reisegruppe sind die Namen künstlerisch angepasst.


© DieReiseEule 9/2018

1 Kommentar zu „[Reisetagebuch] Über das Erongogebirge zur White Lady“

Hau in die Tasten! Ich freue mich sehr über einen konstruktiven Text von dir.

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