Die Deutsche Bahn mit Tücken
Ich liebe es, mit der Deutschen Bahn zu fahren. Habe ich das schon mal erwähnt? Es geht doch nichts über ein echtes Abenteuer. Bericht unten.
1. Update 13.55 Uhr am 24. April 2016
Ich grüße die Jungs aus dem Zug, die von Hannover nach Ingolstadt zum Fußball unterwegs sind. War eine spannende Einführung in die Geheimnisse des Meiern’s ( oder Maiern’s – kleine Unsicherheiten bzgl. der Schreibweise) und warum man nicht mehr Fanta mit Korn, sondern Sprite mit Korn trinkt. Habt noch ein schönes Spiel und eine gute Rückfahrt.
Fortsetzung vom Vortag:
Unser Schaffner war der Hammer. Meine Vermutung ist ja, dass das der Originalsynchronsprecher aus dem Bully Herbig Film “Lissy und der wilde Kaiser” war. Kennt ihr da die zwei nuschelnden Bayern? Einer davon war es garantiert.
Im Zug saß mir gegenüber eine Dame, Alter schätzungsweise Mitte/Ende 60, mit zwei Hörgeräten ausgestattet, die nach Würzburg wollte. Dort musste sie umsteigen, berichtete sie, um dann am Endziel in Schweinfurt von einer Bekannten abgeholt zu werden. Nun war es so – wie so oft bei der Bahn – das der Zug seiner Zeit hinterher fuhr. Somit stand im Raum, ob sie den Anschlusszug kriegen würde.
Es begab sich, dass eben jener Schaffner durchs Abteil flanierte um, was ja nun auch seiner Arbeitsplatzbeschreibung entspricht, die Fahrkarten zu kontrollieren. Die Dame fragte nun ganz höflich, ob sie wohl ihren Zug in Würzburg noch erreichen könne.
“Welmchem Zug müssans griga?”, nuschelte er leise vor sich hin. “Den nach Schweinfurt”.”Wa nimusma nahöhn. Kannsei. Iwohamisiwürschowerm”.Na verstanden? 🙂
Wir verstanden im wahrsten Sinne des Wortes alle nur Bahnhof. Die Dame traute sich aber nicht nochmal nachzufragen, man sah ihr die Fragezeichen ins Gesicht geschrieben an. Der Schaffner schaffte dann weiter, ich konnte leider einen Lachanfall nicht mehr abbremsen, wollt der Frau aber dennoch gerne helfen. Da kam mir zupass, dass es im ICE die Möglichkeit gibt, über das ICE Portal den aktuellen Stand des Zuges, in dem man sich befindet abzurufen. Unsere Bahn war also wegen Bauarbeiten von 10.18 Uhr auf 10.38 Uhr verschoben worden, somit schon mal 20 min später gestartet. Dann noch 12 Minuten Verspätung.
Das hieß für die rüstige Dame, dass sie um 12.03 Uhr in Würzburg Hbf eintreffen würde, ihr Anschlusszug aber bereits weg sein würde. Sie war dann dankbar für die Auskunft, rief ihre Bekannte an, dass sie mit einem Zug später erst in Schweinfurt wäre. Ende gut, alles gut.
Abschließend muss ich noch erwähnen, dass die Zugdurchsagen genau so nuschelig, leise und unverständlich rüber kamen. Ein Hoch auf hochdeutsche Ansagen.
2. Update 18.20 Uhr am 26. April 2016
Nun springe ich zeitlich mal zurück und vervollständige meinen Bericht über das Abenteuer Bahnfahrt.
Mit einem Freund war ich am örtlichen Bahnhof zu morgendlicher Stunde verabredet. Wir waren auch beide pünktlich da. Ich nutzte noch schnell die dort rumstehende Packstation, um ein Päcklein auf den Weg zu schicken.
Packstationen machten mir bei ihrer Einführung Angst, befürchtete ich doch, dass meine Pakete für immer hinter deren Türen einstauben würden. Sehr schnell entpuppte sich das aber als eine innovative und komfortable Erfindung. Inzwischen nutze ich die Station fast ausschließlich zum Versenden von Päckchen und Paketen, da die Öffnungszeiten der Postagenturen nicht arbeitnehmerfreundlich sind.
Aber zurück zum Thema: Unsere Bahn kam pünktlich, nahm uns in ihrem Metallkörper samt Gepäck auf und chauffierte uns nach Frankfurt. Sollte diesmal alles problemlos laufen? Eine Bahnfahrt nach Plan? Ohne Änderungen, Verspätungen oder Überraschungen? Nein, natürlich nicht. Wer mit mir fährt, wird das wohl kaum erleben. Ich wage die Prognose, dass es an meiner Ausstrahlung liegen muss, denn von Anderen bekomme ich immer erzählt, dass die Bahnfahrten reibungslos laufen würden.
So auch meine Freundin Deluxe, die am Vortag mit mehreren Mädels nach Leipzig unterwegs war. Pünktlich, ohne Umwege, alle Anschlüsse erreicht, keine Gehetzte…Nichts! Rückfahrt wie geplant.
Wer mit mir im Zug sitzt, bekommt immer was geboten. Wir stehen also in Frankfurt am Hauptbahnhof und schauen auf die Anzeigetafel (besser ist das, denn was auf dem Ticket steht, kann schon lange verjährt sein). ICE nach Nürnberg fährt laut Ticket um 10.18 Uhr ab Gleis 5. Anzeigetafel sagt, dass der Zug um 10.38 Uhr auf Gleis 4 fährt. Grund: die Streckensperrung bei Hannover, die relativ kurzfristig anberaumt wurde (darüber wurde viel in den Medien berichtet und drüber diskutiert – hilft aber nix).
Also Gepäck geschultert und Abmarsch zum Gleis. Immerhin fährt der Zug ja nicht früher ab. So kann ich mir noch einen Kaffee Togo (ich sage immer Togo nicht to go, könnte ja auch aus Afrika sein) holen. Die Bahnhofsdurchsage weist auch nochmal darauf hin, dass es zu Fahrplanabweichungen kommen kann und man sich rechtzeitig informieren soll. Auf der Anzeigetafel läuft auch schon das weißlich unterlegte Band für Verspätungen durch und weist auf eine Verzögerung von ca. 10 min hin.
Gleis 4 und 5 liegen – nur durch den Bahnsteig getrennt – nebeneinander. Glücklicherweise. Ca. 10.30 Uhr fährt auf Gleis 4 (jenem, auf welchem unser ICE einfahren soll) ein Regionalexpress ein. Er leert sich, bleibt aber brav stehen, Motor aus. Kurze Zeit später ist im Hintergrund (in Frankfurt kann man relativ weit sehen) ein ICE zu sehen. Erkennt man ja gut anhand von der weißen Farbe und dem windschnittigen Design. Wir frotzeln noch herum, dass das unserer sein müsste, als jener auf Gleis 5 einfährt. Anzeige: ICE 1521 nach München über Nürnberg, heute auf Gleis 5. Gut, wer lesen kann, denn eine Durchsage diesbezüglich gab es nicht.
Auch andere Mitfahrer waren ob des Hin- und Her’s verwirrt. Ob nun alle eingestiegen sind, die in diese Richtung wollten, entzieht sich meiner Kenntnis. Es wurde viel diskutiert.
Wir jedenfalls nahmen die Herausforderung an und stiegen mutig ins Abteil. Auf einem unserer reservierten Sitzplätze saß eine rüstige Dame (s. oben die Geschichte mit dem nuschelnden Schaffner), die freiwillig vom Fenster zum Gang abrückte.
In Würzburg stieg sie aus, dann stiegen Patrick und Stefan ein, die uns freundlich mit Handschlag begrüßten und sich vorstellten. Jeder mit einer Bierflasche in der Hand und guter Laune im Gepäck. Da sie Teil einer größeren Gruppe waren, setzten wir unsere Kennenlernen nicht intensiver fort, denn sie entschieden sich für die Eroberung des Bordbistro’s.
Dafür setzten sich dann die Fussballfans von Hannover 96 neben uns. Ebenfalls mit Bierflaschen ausgerüstet, nur “Meier” – also ich nenne ihn mal jetzt so, da ich seinen realen Namen nicht kenne, er mir aber Meiern (s. oben unter 1. Update) beibrachte – hatte einen Kunststoffbecher mit buntem Punktemuster bei sich. Er erklärte dann, dass er Sprite mit Korn trinke. Es entwickelte sich ein längeres, sehr lustiges Gespräch darüber.
Irgendwann kam unser Lieblingsschaffner wieder. “Noh jemant zug’stiehn?”, flüsterte er, sah sich um und ging schon fast weiter, als ihm die fröhliche Runde doch so vorkam, als hätte er sie noch nicht kontrolliert. In seinen nicht vorhandenen Bart, raunte er noch ein paar unverständliche Wortfetzen und schlenderte dann seines Wegs. Den Jungs entfuhr ein: “Der hat aber schon mehr intus wie wir”. Das konnten wir weder bejahen, noch verneinen, nur erklären, dass die Borddurchsagen genau so fränkisch unverständlich seien (was aber nicht am fränkisch liegt, denn das verstehe ich recht gut, habe ich doch mütterlicherseits Verwurzelungen und Verwandschaftsbeziehungen dahin).
Dann kam ein weiterer Fußballfan (scheinbar zur Gruppe gehörend), der nach Stefan suchte. Ich versuchte ihm zu erklären, dass Stefan und Patrick im Bistro seien, aber er ignorierte mich. Dachte bestimmt, dass ich nicht wüßte, wer Stefan sei. Er machte sich dann wieder auf die Suche und ward auch nicht mehr gesehen.
Meier ist ein fröhlicher, aufgeschlossener Mensch. So kam es, dass ich ihm verklickerte, dass die Geschichte in die Annalen des Internetblogs eingehen würde (was hiermit geschehen ist). Da er nur zu maximal (hoch gegriffen) 80% nüchtern war, fiel es ihm schwer, meine ReiseEule im Handy aufzurufen und abzuspeichern. Beherzt, ergriff ich mir sein Handy, tippte die URL ein und nahm ihm das Versprechen ab, dass er mir einen Kommentar schuldig sei. Er hat sein Versprechen gehalten. Danke!
Jungs, es war super mit euch im Abteil. Gerne jederzeit wieder. Leider hat Hannover verloren und steigt ab, aber als echte Fans werdet ihr zu eurem Club stehen und auch in der zweiten Liga unterwegs sein. Weiter so!
Ich persönlich nehme solche Bahnfahrten immer mit Humor, beschert es mir doch amüsante und kurzweilige Fahrten. Mit mieser Laune kommt man schließlich auch nicht schneller ans Ziel.
Wir kamen letztlich mit der kumulierten Verspätung von 20 min Zeitverschiebung plus 12 min Verspätung in Nürnberg an.
Die Geschichte der Rückfahrt folgt im Teil 2, denn auch da lief nichts wie geplant 🙂 Hurra! Und der Reisebericht über die Frankenstadt folgt auch noch.
Die Bahn ist doch immer wieder für einen netten Artikel gut. Ich weiß immer nicht, ob ich sie hassen oder lieben soll. Muss nur immer lachen, wenn das obligatorische “Thank you for choosing” Deutsche Bahn kommt.
Viel Spaß weiterhin
Anja
Da wünsche ich dir schon jetzt, was du auch erwartest bei Bahnfahrten, GROßartige Fahrplanänderungen, damit wir amüsante Erlebnisse teilen können
Die Grüße kann man nur zurück geben 🙂
☺
Ist Bahnfahren Abenteuer? Früher bin ich oft mit dem ICE gefahren von Süden nach Westen und habe ich tausenmal geärgert über verstopfte Toiletten, überfüllte Abteile, laut telefonierende Sitznachbarn. Ich fand das nicht abenteuerlich, sondern lästig.
ABER: Wir sind mal mit einem historischen Zug vom Ruhrgebiet bis Grenze Schweiz gefahren, dort umgestiegen in die Rätische Bahn, von Davos bis nach Italien mit dem Bernina Express und gleich anschließend einmal quer mit dem Glacier Express nach Zermatt. Also 4 Tage nur Bahn fahren und das war ein grandioses Erlebnis. Mit dem Sibirien-Express wäre es sicher auch mal abenteuerlich, aber bevor ich Bahn fahre, steige ich in einen Fernbus, das haben wir schon mehrmals praktiziert und es nicht bereut.
Dir aber weiterhin viel Spaß !
P.S. Solche Begegnungen sind natürlich klasse und amüsant. Auf einer Bahnfahrt sind einmal in der Faschingszeit eine ganze Gruppe “Narren” mit Masken eingestiegen – da war vielleicht was los. Aber das war in einem Regionalzug!
Wenn man das alles mit Humor nimmt, macht das die Reise viel angenehmer und entspannter.