Ein Ausflug in die Vergangenheit

Anfang März waren wir mit Freunden in Sankt Andreasberg im Harz. Kurzerhand hatten wir unsere Reisepläne ins Ausland abgeblasen und uns dort verabredet. Den Harz kenne ich noch aus Kindertagen, als die Mauer noch stand und wir die Verwandten in Wernigerode und Halberstadt besuchten. Damals fuhren wir immer mit ungutem Gefühl über die Grenze, denn man wusste nie, was das DDR-Regime alles abhörte. So hatten wir Kinder die strikte Anweisung, die Klappe zu halten.
Doch woran ich mich erinnern kann, war die Dampflokomotive, die wir jedesmal sahen. Die Harzer Schmalspurbahnen haben die Wende zum Glück überlebt und sind bis heute ein Publikumsmagnet.
Ein Samstag in Sachsen-Anhalt
Ich freute mich auf die Freunde und auf ein entspanntes Wochenende. Da ahnte ich noch nicht, dass die Coronakrise mich und alle anderen wenige Tage später voll ins Herz treffen würde.
Wir reisten freitags nach Sankt Andreasberg (Niedersachsen) und bezogen unsere Hotelzimmer. Ein Rundgang durch den Ort war schnell erledigt. Er wirkte ziemlich verlassen. Ein Schwätzchen mit dem Metzger Namens Herr Jerusalem vor Ort offenbarte, dass wir gerade zur Unzeit da seien. Die Skisaison sei zu Ende – wobei die wegen Schneemangels im Winter ausgefallen war – und die Wandersaison noch nicht gestartet.
Abends gönnten wir uns ein exzellentes Essen im Speiserestaurant Fischer. Der Name klang unspektakulär, aber die Küche verdient ein Lob, Anerkennung und eine Erwähnung. Hoffentlich übersteht das Restaurant die Krise.
What to do at Saturday? war die Frage und die Entscheidung war schnell gefällt. Wir würden den höchsten Berg Norddeutschlands erklimmen, den Brocken. Bereits als Kind wäre ich gerne dort oben gewesen, aber in DDR-Zeiten war das absolutes Sperrgebiet. Man konnte die majestätische Kuppe nur von unten bewundern.
Parken und Wandern
Nach einer frostigen Nacht und einem stärkenden Frühstück fuhren wir nach Schierke. Vorbei an einer großen, überdachten Freiluft-Eisarena. Sowas habe ich noch nicht gesehen. Wir stellten unser Auto im Parkhaus “Am Winterbergtor” ab. Kostenlose Parkmöglichkeiten gibt es in Schierke nicht. Es stehen auch überall Warnhinweise, dass die Autos entfernt werden. Das Parkhaus kostet pro Stunde € 1,- und max. € 8,- pro Tag.

Es war ziemlich kalt, dafür aber sonnig. Wir hatten uns warm eingepackt und Mütze und Handschuhe dabei. Nur noch schnell die Wanderschuhe an und dann ging es los, vorbei an der Jugendherberge zur Brockenstrasse.

Bei diesem Wetter und dem wolkenlosen, azurblauen Himmel waren wir nicht allein auf die Idee gekommen, den Gipfel zu stürmen. Doch bereits nach wenigen Metern konnte man entscheiden, ob man weiter auf der breiten, geteerten Straße oder den Kraxelpfad mit Schneematsch nehmen wollte. Die Mehrheit der Wanderer entschied sich für den Naturpfad, wir für die “Seniorenvariante” – die Straße. Eine gute Entscheidung, da wir nun fast allein unterwegs waren.

Erschrocken war ich über den Wald bzw. das, was davon noch übrig war. Die Bäume sahen alle stark angegriffen aus. Weite Felder lagen brach. Teilweise ragten tote Stümpfe in den Himmel. Das hatte ich mir anders vorgestellt.

Allerdings war es schön endlich Schnee und Eis zu sehen. Im vergangenen Winter hatte es nicht einmal bei uns geschneit. Es gab auch nur eine Handvoll Tage mit Minustemperaturen.

Die Brockenstraße geht gemächlich bergauf. Verkehr gibt es keinen, denn die Straße ist für den Autoverkehr durch eine Schranke gesperrt.
Der höchste Berg Niedersachsens, der Wurmberg, ist in unmittelbarer Nähe und wir konnten ihn und die leeren Skipisten gut sehen.

Nach etwa der Hälfte der Strecke trafen wir auf die Gleise der Brockenbahn. Ein Blick in die App zeigte an, dass diese wenige Minuten später an dieser Stelle vorbeikommen müsse. Wir hörten bereits die Fanfare in der Ferne. Also beschlossen wir zu warten.
Und dann sahen wir weißen Rauch aufsteigen. Die Bahn kündigte sich an. Sie dann zu sehen, war ein erhebendes Gefühl. Wir freuten uns wie kleine Kinder und wir winkten dem Lokführer. Logo, oder?

So schnell wie sie da war, war sie auch schon wieder an uns vorbei. Nur den Dampf konnte man noch ein Weilchen hinter der nächsten Biegung aufsteigen sehen und das gelegentliche Tuten hören.

Hinter den Schienen entschieden wir uns nun doch “die romantische Route” durch den Wald zu laufen. Eine Abkürzung. Nun ja, kürzer war die Strecke schon, aber durch tiefen Schnee zu stapfen und über rutschige Felsen klettern spart jedenfalls keine Zeit. Dafür begannen wir recht flott zu transpirieren. Witzig war es letztlich doch.

Endlich trafen wir wieder auf die Brockenstraße, wo wir einigen Mountainbikern ausweichen mussten. Das mit der Rücksichtnahme funktionierte mal mehr und mal weniger gut.

Wo Hexen zur Walpurgisnacht tanzen
Hier wurde es voller und voller und es war gar nicht mehr so einfach, Abstand zu halten. Wenige Meter weiter öffnete sich der Blick ins Tal und auf das Brockenhotel.


Wir stärkten uns mit einer Suppe und einem Getränk und nutzen die Möglichkeit der Toilettennutzung, bevor wir zum Bahnhof gingen. In der Sonne wärmten uns die Strahlen, im Schatten war es eisig, zumal ein kleines Lüftchen wehte. Wir konnten bereits die nächste Bahn kommen hören und warteten natürlich darauf.

Die Lokomotive wurde abgekoppelt und rangierte um, um anschließend die Waggons wieder bergab ziehen zu können. Wir überlegten kurz, ob wir mit dem Zug zu Tal fahren sollten, aber das wäre doch ein recht teures Vergnügen gewesen und so entschieden wir uns, lieber per pedes zum Auto zurück zu marschieren.

Wir sahen ein Pferdefuhrwerk, welches Gäste gegen Bezahlung mitnahm. Diesmal entschieden wir uns, nicht irgendwelche Abkürzungen zu laufen, sondern den bequemen Teerweg zu nehmen. Erst relativ weit unten wichen wir von diesem Vorsatz ab und gingen den Weg der alten Bobbahn.
Nach etwa 7 Stunden waren wir zurück am Fahrzeug, froh die Wanderschuhe abschnallen zu können. Leider war die Gaststätte Roter Bär, in die wir nach getaner Wanderung einkehren wollten geschlossen, aber wir genossen dafür eine leckere Pizza im La Capri.
Hexen haben wir keine tanzen sehen, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, wie diese Legende entstanden ist. Sicher war der Wald hier früher sehr viel dichter und alles dunkler. Der Weg wird sicher beschwerlich gewesen sein…
Hat euch mein Bericht gefallen? Dann freue ich mich, wenn ihr mir einen Kommentar hinterlasst, den Beitrag teilt oder auf Pinterest pinnt. Welchen Traum habt ihr euch erfüllt? Erzählt mir davon.
Liebe Liane,
Die Brockenbahn finde ich ja so herrlich nostalgisch! Im Harz war ich bisher nur einmal im Schullandheim. Da wird es doch mal wieder Zeit!
Viele Grüße von Sanne
Meine Eltern waren früher viel im Harz. Es lohnt wirklich.
Wäre nicht ein kleines Virus dazwischen gekommen, ich wäre endlich -nach 20 Jahren – im Mai mal wieder in den Harz gekommen.
Aber aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben und dann steht der Brocken natürlich ganz oben auf meiner Genusswander-Liste. Neben vielen weiteren Ideen.
Liebe Grüße, Katja
Ich drücke die Daumen. Der Harz ist wirklich schön.
Toll, Liane. Der Brocken ist auch ein großer Reisewunsch von mir. Überhaupt würde ich gern mal ein paar Tage länger im Harz verbringen. Am liebsten im Sommer. Allerdings kann man dann abschminken, eine so klare Sicht zu erleben wir Ihr bei Eurer Gipfeltour. Das sind so schöne Fotos! LG, Stefanie
Eine tolle Wanderung auf den Brocken! Ich war letztes Jahr das erste Mal im Februar in Wernigerode und wollte mit dem Dampfzug hoch auf den Brocken, aber leider machte das Wetter nicht mit
LG Andrea
Nebel? Oder zu viel Schnee? Oder Sturm?
Das kann auf dem Brocken immer mal sein.
Leider Sturm 😔
😑
Ich war auch noch nie auf dem Brocken und möchte irgendwann unbedingt einmal hin, aber eher nicht im Winter. Für den Aufstieg würde ich aber auf jeden Fall die Naturroute durch den Wald wählen und die Strecke am liebsten möglichst barfuß bewältigen.
Naja, eigentlich war kein Winter. Aber gerade an den Tagen vorher hatte es nochmal geschneit.
Im Frühling ist das aber bestimmt toll mit der Naturroute (wenn es nicht am Wochenende ist, wenn alle wandern wollen)
Ich hoffe, der Weg auf der Naturroute ist auch naturbelassen und nicht etwa mit Schotter oder Splitt belegt?
Schwierig zu beurteilen, denn es lag Schnee darüber.
Meine Heimat, achvwie schön hier davon zu lesen😊
Deine Heimat ist aber auch echt toll.
Da möchte ich auch noch irgendwann hin (am liebsten in einer lauen Sommernacht mit meinem fliegenden Teppuch 😉)
Du und fliegen? 😜
😂😂😂 der fliegende Teppich hat natürlich einen eingebauten Anti-Flugangst-Mechanismus
😂😂😂 Ja dann….
Ich bleib bei meinem 🧹
Manchmal nehm ich auch den 🏖 oder den 🌂
😂👍🎈🤸♀️